Die zehn Kernprinzipien des Chinesischen Boxens
Diese zehn Kernprinzipien sind keine grundlegend neuen Entdeckungen Caseys, sondern werden schon seit Jahrhunderten innerhalb der einzelnen Stile und deren Familien weitergegeben. Casey war jedoch einer der ersten Nicht-Chinesen, der diese Prinzipien schriftlich dargelegt und zu einem theoretischen Konzept zusammengefügt hat.
Definiert nach Christopher G. Casey:
1. Rooting (Verwurzeln)
Verwurzeln bedeutet die feste Verbindung des Körpers mit dem Boden. Es ist essenziell für ein stabiles Gleichgewicht und einen sicheren Stand. Der Zustand des Verwurzelt-Seins wird auch in der Bewegung beibehalten. Die Aufmerksamkeit richtet sich darauf, durch Entspannung das Körpergewicht in Beine und Füße sinken zu lassen.
2. Yielding (Nachgeben)
Der entspannte Zustand der Nachgiebigkeit ermöglicht die Kompensation eintreffender Energie. Kraft kann nur wirken, wenn sie auf festen Widerstand trifft. Man vermeidet es, einen festen Widerstand zu bieten, und begegnet Härte mit entspanntem Nachgeben.
3. Unitary (Ganzheitlichkeit)
Ganzheitliche Bewegung ermöglicht die Entfaltung von Energie und Schnelligkeit. Kraft entsteht durch das ganzheitliche Zusammenspiel von Muskulatur, Gelenkstellung und dem Einsatz des Körperzentrums.
4. Body State (Körperstatus)
Entwicklung eines Körperstatus, in dem die Muskulatur bis auf die nötige Haltespannung weitgehend entspannt ist. Die Konzentration ist auf die größtmögliche Entspannung ausgerichtet. Dadurch wird die innere Körpermechanik flexibel gehalten. Schnelligkeit und physische Sensibilität werden in diesem Status gefördert.
5. Six-Nine-Theory (Wandlungsfähigkeit)
Wandlungsfähigkeit ermöglicht es zu jedem Zeitpunkt eines Zweikampfes, die Intention, Strategie und Richtung zu verändern, ohne die Eigensicherung zu gefährden. Es ist die Fähigkeit, erlernte Techniken und Ansätze fließend und ansatzlos zu wechseln.
6. Centerness (Zentrierung)
Zentrierung bedeutet die lotrechte Ausrichtung der Wirbelsäule, die Anpassung der Körpermechanik auf die eigene Zentrallinie und die Konzentration auf das Körperzentrum. Dieser Zustand wird in jeglicher Bewegung beibehalten.
7. Forward Pressure (Vorwärtsdruck)
Konstanter Vorwärtsdruck auf das gegnerische Körperzentrum führt zu einem Kleben am Gegner und zur Reduzierung seines Schwungraums. Dadurch wird der Gegner in einem ständigen Ungleichgewicht gehalten, aus dem heraus keine koordinierten Bewegungen möglich sind.
8. Line and Angle (Linien- und Winkelkontrolle)
Das Wissen um die korrekten Linien und Winkel in der eigenen Körpermechanik und in der Positionierung zum Gegenüber erhöht die Effizienz von Angriff- und Verteidigungstechniken. Hierbei geht es um die Kontrolle der eigenen Zentrallinie und der des Gegners.
9. Projection ( Projektion )
Die Projektion von innerer Energie in einen Punkt außerhalb des Körpers. Projektion bedeutet u.a., die Konzentration auf die Entfaltung einer Technik in einen Punkt hinter ihrem Ziel zu richten. Ihre Energiewirkung setzt sich hinter dem Ziel fort und kann es somit durchdringen. Es bedeutet auch, eine klare Vorstellung über den Verlauf der eigenen Energie innerhalb der angewendeten Technik zu haben.
10. Mind Hit
Mind Hit ist der kontrollierte Angriff auf Geist und Konzentration des Gegners. Es ist das Erkennen und Kontrollieren der mentalen Abläufe eines Zweikampfs und dient als Taktik zur Störung des mentalen Fokus des Gegenübers. Der Mind Hit spielt in der Selbstverteidigung eine außerordentlich wichtige Rolle. Gleichzeitig bedeutet Mind Hit auch, dass Mind und Intention des Boxers das Ziel schon erreicht und die Auseinandersetzung bereits siegreich beendet haben, bevor der eigentliche Kampf begonnen hat.
“Feeling is the only way”
– Christopher G. Casey